Bau realisiert die Energiezukunft

Es sei durchaus möglich, dass es im kommenden Winter zu einer Strommangellage in der Schweiz kommt, warnt Julien Duc, Mediensprecher des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE. Das Beispiel der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke SAK zeigt, wie wichtig der Bau für die Sicherung der Energiezukunft ist. Was es nun braucht, ist, dass die Weichen richtig gestellt werden.

 

«Ein heute gebautes Gebäude verbraucht vier- bis siebenmal weniger Energie als ein Gebäude, das vor 1980 gebaut worden ist. Neue Gebäude stossen zudem kein CO₂ aus, wie es die bereits geltenden Gesetze vorsehen. Daher ist der Neubau alter Gebäude mittels Ersatzneubauten oft energieeffizienter als eine Sanierung. Damit die Schweiz ihre Energiezukunft sichern kann, müssen Sanierungen und Ersatzneubauten attraktiv bleiben. Neben finanziellen Anreizen, beispielsweise über das Gebäudeprogramm der Kantone, könnten Behörden Anreize anderer Art für Ersatzneubauten und umfassende energetische Gebäudesanierungen gewähren. Dazu braucht es keine Subventionen, sondern Anreize in den Rahmenbedingungen. Hier ist die Politik gefordert», spricht Bernhard Salzmann, Direktor Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Klartext. Anstatt Anreize zu schaffen, spielt die öffentliche Hand aber vielerorts stattdessen «Verhinderlis». Stefano Garbin, CEO der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke SAK schildert seine Erfahrungen: «SAK investiert viel Geld in den Bau von Anlagen, die aus erneuerbaren Energien Strom produzieren, also Solar-Faltdächer oder Wasserkraftwerke. Wir wollen so die Ostschweizer Energiewende ermöglichen. Die Rahmenbedingungen erschweren es allerdings, beim Bau von neuen Kraftwerken noch wirtschaftlich zu sein. Dabei droht eine Stromlücke. Es braucht dringend neue Anlagen, die aus erneuerbaren Energien Strom produzieren, so wie es dem Wunsch der Bevölkerung entspricht. Wer diese Anlagen aber realisieren möchte, muss viele Hürden überwinden. Die Politik müsste für bessere Rahmenbedingungen und, Planungssicherheit sorgen.» Garbin nennt hierzu ein Beispiel, das seinem Unternehmen widerfahren ist: «Der Kanton Glarus hatte im Linthgebiet provisorisch eine Zone für Windkraftanlagen definiert. Wie vom Kanton verlangt, liessen wir eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen. Aber als wir den Nachweis erbracht hatten, mit den geplanten Windanlagen die Natur nicht zu gefährden, wies der Kanton das Gebiet der Wohnzone zu. Es war aussichtslos, das Projekt weiter zu verfolgen. Allerdings hatten wir bereits 1,8 Millionen Franken in das Projekt investiert! Diese Investition war verloren. Es kann nicht sein, dass mitten im Spiel die Regeln geändert werden.»

Hannes Schiesser, Zentralvorstand SBV und Mitglied Geschäftsleitung Linth STZ, nennt noch ein Hindernis: «Beim Bau von Kleinkraftwerken, im speziellen mit Wasserkraft, kämpfen wir mit Einsprachen und Auflagen der Umweltverbänden. Sie verhindern oder verzögern vielfach für uns wichtige Projekte. Dass es anders geht, hat das Projekt Linthal 2015 und die später realisierte Solaranlage an der Staumauer am Muttsee bewiesen. Dieses Beispiel zeigt, dass eine schnelle Realisation möglich ist, wenn alle Beteiligten das gleiche Ziel verfolgen würden.»

 

Mangellage droht

Dass die öffentliche Hand die Realisierung von neuen Energieanlagen so verhindert, ist umso unverständlicher, als dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS in einem Bericht die Strommangellage als grösstes Risiko für die Schweiz einstuft – noch vor einer Pandemie. Die Strombranche legt schon lange ihren Fokus auf die Winterstromproduktion, weil die Schweiz dann ein systemisches Versorgungsproblem hat. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation zusätzlich. Julien Duc, Mediensprecher des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE, warnt: «Es kann diesen Winter tatsächlich zu einer Strommangellage kommen. Die Verantwortlichen von Bauunternehmen sollten sich auf mögliche Schwierigkeiten bei der Energieversorgung einstellen und ein entsprechendes Riskmanagement erarbeiten.»

Eine Strommangellage bedeutet ein Ungleichgewicht von Stromangebot und Stromnachfrage über einen längeren Zeitraum. Die entstehende Angebotsverknappung kann von den Energieversorgungsunternehmen auf Basis der regulären Marktmechanismen nicht mehr verhindert werden. Der Bund hat zur Bekämpfung der Mangellage Massnahmen erarbeitet, die mit Sparappellen beginnen. Danach werden nicht zwingend notwendige, energieintensive Geräte wie Schaufensterbeleuchtungen oder Saunas eingeschränkt. Im nächsten Schritt findet eine Kontingentierung von Grossverbrauchern statt. Sie würden verpflichtet, ihren Verbrauch um eine verordnete Menge zu reduzieren. Danach käme es als ultima ratio zu Netzabschaltungen über mehrere Stunden. Duc betont, dass alle, Private wie Unternehmen, von einer Strommangellage betroffen wären, so auch die Bauunternehmen.

Kommt es zu einer Strommangellage, wird Ostral (www.ostral.ch/de), die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen, aktiv, um die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen umzusetzen.

Der SBV hat im Dezember 2021 ein Video mit Stefano Garbin realisiert.

 

 

Agenda 125.0

Der Schweizerische Baumeisterverband SBV hat mit der Agenda 125.0 aufgezeigt, welchen Beitrag die Bauwirtschaft zum Erhalt des Erfolgsmodells Schweiz liefert.

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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